Brief #1 von Konny*

* Konny hat sich vorher Känzer genannt. Brief vom 29.10, erhalten am 05.10.

(Moin Menschis)
Es fühlt sich so scheiße an hier drin zu sein, während im Herrenlos Wald (vermutlich) die letzten Bäume -wunderschöne alte & junge Kreaturen, die im Boden mit so vielen Geschehnissen verwurzelt und in der Blätterkrone im Herbstwindam mitschwingen sind -fallen. Und der Danni kommt als nächstes dran. (Oder vielleicht auch nicht?;)) Wo Lebewesen sterben, Tiere fliehen, gelebte Utopien zerstört werden: Zuhause kaputt gemacht wird! Genau dort wird gekämpft. Gekämpft für eine andere, fairere Welt, für alles & alle Erdbewohnis. Ich möchte bei euch sein, möchte jetzt dort mit euch kämpfen, wo die Maschinerie des Profitgeilen Systems sich breit macht. Aber ich hocke hier. Hocke in dieser Zelle und bewundere die Lächerlichkeit des Staates. Und die der einzelnen Zahnrädchen… Beispiel: Denk ich an Montag früh zurück: Da regen sich Menschen auf, über Wesen, die da so an einer Brücke herum baumeln, dem Verkehr ein wenig Abwechslung bieten, und sind sauer, weil sie nicht (PÜNKTLICH!) zur Arbeit kommen.
Okay.
Ich bin WÜTEND(!), weil jeden Tag Menschen sterben, durch’s Wegschauen der Nationen wie dieser hier (BRD), weil nicht-menschliche Tiere umgebracht werden, weil der Planet zu immer graueren Betonmeeren verunstaltet wird. Und nichts mehr lebbar ist!
Hallo? Kein Boch mehr!
Mensch könnte mit Aufzählungen wie diesen noch endlos weiter machen. (Menschen die Dinge tun, die “gegen das Gesetz” sind, weil sie kein Geld haben und dann eingesperrt werden, weil sie kein Geld haben. Das ist doch alles so absurd. Aber wem sag ich das? Euch :), auch wenn ihr’s vielleicht schon wisst. hehe. An alle die es eben noch nicht geblickt haben.)

…Um mit etwas positivem weiter zu machen.
Dieser eine Spruch, der auf irgendeinem Banner steht fällt mir immer wieder ein. Ich mag ihn sehr gerne: “Wir verteidigen nicht die Natur, wir verteidigen uns selbst!” denn ihr (wir) werdet(n) nicht aufhören gegen all diese Ungerechtigkeiten vorzugehen.
Dass eben eingesperrt wird ist eine verachtende Normalität. Egal, ob in den Klpfen, am Arbeitsplatz, in Käfigen, wie Knästen. Es wird so viel genommen. Es wird so viel freiheit genommen!
Doch unsere Wut und die Hoffnung, der Zusammenhalt, die Solidarität. All das ist stärker als eure Unterdrückung, eure bekackte Repression.
Wir werden über die brennenden Knastmauern fliegen, wie es die Vögel vor meinem Zellenfenster tun.
Ich denk an euch da draußen & schicke euch ganz viel Kraft, Mut, Vertrauen und Anarchie durch die Sterne in der Nacht, die mit ihrem euchten durch die grauen Wolken brechen werden. (Aber ihr schafft’s auch ohne diese Luftpost, das weiß ich.)
Carpe Noctem & bis bald
UP15

Eine*r von den Elf erzählt

Hi,
Ich bin eine*r von den Elf und ich erzähle heute hier von meinen Erfahrungen, weil ich, anders als andere, die Möglichkeit dazu habe. Sie befinden sich noch in U-Haft- sind zum Schweigen gezwungen. 5 Tage lang habe ich ihr Schicksal geteilt. Musste aushalten gedemütigt und schikaniert zu werden. Ich habe erfahren, wie es sich anfühlt, wenn Menschen dir von Anfang an ohne jeden Respekt gegenüber treten. Wie privilegiert ich wohl bin, wenn das für mich nicht Alltag ist.

Die Macht des Staates wurde bestmöglich demonstriert: mit Handschellen abgeführt; bei der Durchsuchung ruppig gegen einen Stromkasten gestoßen; mir wurden etliche Kleidungsstücke entwendet bis ich bibbernd in der Kälte stand.
Die ersten Tage waren für mich besonders schwer. Wir wurden nacheinander in unterschiedliche Gefangensammelstellen gefahren. Die Gruppe wurde getrennt. Wir blieben zu zweit. Essen gab es nur selten und nur auf mehrmaliges Nachfragen und infolgedessen stundenlangem Warten. Es war unsicher, wie es mit uns weiter geht. Dass ich einem/einer Haftrichter*in vorgeführt werden sollte, erfuhr ich auf der Fahrt zum Gericht. Ich erinnere noch, wie sich schon nach etwa 24 Stunden Gefangenschaft ein Gefühl der Resignation einstellte. Ich fühlte mich ausgeliefert und gebrochen.
Daran änderte sich auch in der Justizvollzugsanstalt nichts. Das Personal war stark unterbesetzt und auf Bitten folgten nur selten Handlungen. Besonders frustrierend war dies in Bezug auf den telefonischen Kontakt zu meinem Anwalt: 2 Tage lang versuchte ich mit meinem Anwalt Kontakt aufzunehmen, jedoch wurde mir immer gesagt, dass derzeit niemensch Vorort sei, der das Gespräch überwachen könnte und daher kein Telefonat möglich sei.
Die meiste Zeit saß ich einfach vorm Fenster. Ich hatte Glück: Meine Zelle lag Richtung Hof. In meiner Einsamkeit tat es gut, mehrere Stunden des Tages anderen Gefangenen beim Hofgang zu zuschauen. Ein*e Aktivist*in meinte während eines Hofgangs zu mir: “Hier zu sein fühlt sich an wie eine Depression. Nichts, was du tust, bringt dir Freude.”

Jetzt bin ich raus, aber mein Haftbefehl wurde nicht aufgehoben. Ich bin lediglich von dessen “Vollzug verschont”, solange ich mich alle zwei Tage bei dem für meinen Wohnort zuständigem Polizeirevier melde und den Dannenröder Forst nicht betrete. Begründet wird dies mit Fluchtgefahr. Nach Aussage mehrer Anwält*innen: komplett konstruiert. Personalien liegen ja vor. Trotzdem schränkt die Staatsanwaltschaft mit ihren Auflagen weiterhin drastisch meine Freiheit ein. Ich fühle mich unfair behandelt.

Der Staat wendet an uns Elf Mittel an, die normalerweise nur bei sehr viel extremeren Strafvorwürfen angewandt werden. Das Agieren der Judikative ist hier komplett unverständlich. Daher fordern wir die Freilassung der Inhaftierten und eine generellen Aufhebung der Haftbefehle – ohne weitere freiheitsbeschränkende Auflagen.
Freiheit für uns Elf.

Für eine fairere Welt und ein menschlicheres Miteinander.

Als Audio bei Soundcloud: https://soundcloud.com/user-634739516/einer-von-den-elf-erzahlt

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Hi,
I am one of the eleven and I am telling you about my experiences here today because, unlike many others, I have the opportunity to do so. They are still in custody – they are forced to remain silent. For 5 days I shared their fate. Had to endure being humiliated and harassed. I experienced what it feels like when people treat you without any respect from the very beginning. How privileged I must be if this is not everyday life for me.

The power of the state was demonstrated in the best possible way: I was taken away in handcuffs; during the search I was roughly knocked against an electrical box; several pieces of clothing were taken from me until I stood shivering in the cold.
The first few days were especially hard for me. We were driven one after the other to different prison collection points. The group was separated. We remained in pairs. Food was only available rarely and only after several requests and, as a result, hours of waiting. It was uncertain how things would go on with us. On the way to the court I learned that I was to be presented to a judge. I still remember how a feeling of resignation arose after about 24 hours of captivity. I felt delivered and broken.
This did not change in the prison either. The staff was severely understaffed and actions rarely followed requests. This was particularly frustrating when it came to telephone contact with my lawyer: for 2 days I tried to contact my lawyer, but was always told that at the moment there was no one on site who could monitor the conversation and therefore no telephone call was possible.
Most of the time I just sat outside the window. I was lucky: my cell was facing the yard. In my loneliness it was good to watch other prisoners walking around the yard for several hours a day. One activist said to me during a yard exercise: “Being here feels like a depression. Nothing you do, brings you joy.

Now I’m out, but my arrest warrant was not revoked. I am merely spared from its “execution” as long as I report to the police station responsible for my place of residence every two days and do not enter Dannenröder Forst. The reason given for this is the danger of escaping. According to several lawyers: completely constructed. Personal details are available. Nevertheless, the public prosecutor’s office continues to drastically restrict my freedom with its conditions. I feel treated unfairly.
The state is using methods against us eleven people that are normally only used for much more extreme criminal charges. The action of the judiciary is completely incomprehensible here. That is why we are calling for the release of the imprisoned and for a general lifting of the arrest warrants – without further freedom-limiting conditions.
Freedom for us eleven.

For a fairer world and a more humane coexistence.

Unnötige Haftbedingungen

English below*

7 der 11 Inhaftierten sind immer noch in U-Haft. Aber was heißt das konkret?

Wir haben uns mit Menschen unterhalten, die wieder entlassen wurden und mit Anwält*innen Inhaftierter. Die Bedingungen, unter denen die Menschen seit 9 Tagen eingesperrt sind, zeigen, wie unser Widerstand getroffen werden soll, indem Einzelne gefangen genommen und isoliert werden.

Alle Gefangenen des 26.10. befinden sich in Einzelzellen. Kontakt haben die Eingesperrten nur zu ihren Anwält*innen und eine Stunde am Tag mit anderen Inhaftierten bei Freigang. Diese wird wegen der Überlastung des Personals oft gekürzt.

Ein Mensch konnte, trotz Angabe der Personalien und mehrfachem Nachfragen 2 1/2 Tage nicht mit der*dem Anwält*in telefonieren.

Normalerweise üblicher Kontakt zu anderen Inaftierten des selben Trakts findet nicht statt. Begründet wird dies mit der aktuellen Zahl steigender Infektionen. Tests, die Gewissheit bringen würden, ob eine solche “Quarantäne” notwenig ist, werden keine gemacht und so entspricht die Untersuchungs- hier einer Isolationshaft.

Das bedeutet: bis zu 23 Stunden am Tag allein in einer Zelle. Die Personen in der JVA3 hatten von Anfang an einen Fernseher, ein Mensch in der JVA1 hatte erst am Wochenende Zugang zu TV.

Uns wurde berichtet, dass Zugang zu Telefonen nur in Begleitung von Sozialarbeiter*innen möglich ist, die die Menschen in einen anderen Trakt begleiten. Das Personal der JVAs scheint jedoch so überlastet zu sein, dass das nur selten oder teilweise gar nicht möglich ist.

Ablenkung durch Lesen ist ebenfalls erschwert: Die Bibliothek ist wegen der Covid-19-Situation geschlossen. Bücher müssen über das Personal angefragt werden, das wiederum überlastet ist, kaum Zeit hat und Buchwünsche teilweise wieder vergisst. Materialien wie Stifte oder Papier wurden teils tagelang nicht gebracht.

Dem Wunsch nach veganem Essen wurde in beiden JVAs nicht nachgegangen, mit der Begründung es sei ungesund – während Frühstück und Abendrot aus Weißbrot mit Marmelade bestehen.

Es wurde gedroht, persönliche Gegenstände nicht wieder zurück zu bekommen oder behauptet, dass Briefe wegen Nicht-Angabe der Personalien nicht zugestellt werden. Während der ED-Behandlung wurde fälschlich behauptet, dass andere Menschen im Zusammenhang der Aktion gestorben seien, um psychischen Druck auf die Gefangenen aufzubauen. 

Nachts fanden (finden?) bei einigen Menschen stündlich bis anderthab-stündliche Kontrollen statt. Das bedeutet nie mehr als anderthalb Stunden durchgängig Schlaf pro Nacht. Die Personen werden so lange angeleuchtet, bis sie sich bewegen. Teilweise konnte das Personal die Schlafstelle der Inhaftierten gar nicht einsehen, sodass diese sich erst aktv in das Blickfeld der Wächter*innen beweegen mussten. Begründet wird dies mit einer erhöhten Suizidgefahr der Inhaftierten, die sich weigerten mit psychologischem Fachpersonal zu sprechen. Allerdings wurden auch Menschen diesen Kontrollen unterzogen, die mit Psycholog*innen  und ohne, dass erhöhte Gefahr einer Selbstverletzung festgestellt wurde.

Unnecessary prison conditions

7 of the 11 detainees are still in custody. But what does that actually mean?

We talked to people who have been released and with lawyers of detainees. The conditions under which people have been imprisoned for 9 days show how our resistance is to be met by imprisoning and isolating individuals.

All prisoners of 26.10. are in single cells. The prisoners have contact only with their lawyers and one hour a day with other prisoners on release.

One person was not able to telephone the lawyer for 2 1/2 days despite giving his personal details and asking several times.

Usual contact with other detainees in the same tract does not take place. The reason given for this is the current number of increasing infections. No tests are carried out to ascertain whether such a “quarantine” is necessary, and so the examination is equivalent to solitary confinement.

This means: up to 23 hours a day alone in a cell. The people in Prison (JVA) 3 had a television from the beginning, one person in Prison (JVA) 1 only had access to TV at the weekend.

We were told that access to telephones is only possible when accompanied by social workers* who accompany the people to another tract. However, the staff in the prisons seems to be so overworked that this is rarely or not at all possible.

Distraction through reading is also difficult: the library is closed due to the Covid-19 situation. Books have to be requested via the staff, who in turn are overworked, have hardly any time and sometimes forget to request books. Materials like pens or paper were sometimes not brought for days.

The desire for vegan food was not followed up in both prisons on the grounds that it was unhealthy – while breakfast consists of white bread with jam.

Threats were made that personal belongings would not be returned, or that letters would not be delivered because of failure to provide personal details. During the ED treatment it was falsely claimed that other people died in connection with the action in order to put psychological pressure on the prisoners.

At night, some people were (are?) checked hourly to the next hour. This means never more than one and a half hours of continuous sleep per night. The people are lit up until they move. In some cases the staff could not even see where the prisoners were sleeping, so that they had to move into the guard’s field of vision. The reason given for this is the increased risk of suicide of the detainees who refused to talk to psychological specialists. However, people were also subjected to these checks, which were carried out with psychologists and without any increased risk of self-harm.

Pressemitteilung 02.11.2020

German version:

Freiheit für die Elf von der Brücke!

Gegner*innen der A49 fordern die sofortige Freilassung der zu Unrecht verhafteten Aktivist*innen bei Protestaktionen auf Brücken der A3, A5 und A661. Am Montag den 26.10.2020 wurden elf Aktivist*innen nach dem Aufspannen von Bannern an drei Autobahnbrücken im Rhein-Main-Gebiet festgenommen und am Folgetag in Untersuchungshaft überführt. Den Verhafteten wird nun „eine absurd anmutende Nötigungsvariante“ unterstellt, wie auch die Gießener Zeitung unterstreicht. Der Vorwurf, die Aktivist*innen sollen eine Autobahnblockade durch die Polizei provoziert haben, wird als Vorwand für die ungerechtfertigte Freiheitsberaubung der Autobahngegner*innen angeführt. Sieben der Elf befinden sich derzeit in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt. Ihnen drohen laut Einschätzung der Anwält*innen mehrere Monate Haft. Die vier aus der Untersuchungshaft Entlassenen leiden nun unter unverhältnismäßigen und schikanierenden Auflagen. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Gießen bei einer vergleichbaren Aktion Anfang Oktober auf der A5 eine derartige strafrechtliche Einschätzung negiert, so der Gießener Anzeiger. Die fehlende rechtliche Grundlage macht die Inhaftierung zu einem politischen Justiz-Skandal. „Eine solche Reaktion der Justiz ist reine Schikane, um ein Exempel zu statuieren und vor ähnlichen Folgeaktionen abzuschrecken“, sagt eine an der Aktion beteiligte Aktivistin. Das Strafmaß entziehe sich jeglichem objektiven Urteil und sei offensichtlich am wirtschaftlichen Schaden bemessen, der durch die von der Polizei verursachten Staus im Umkreis Frankfurt entstanden sei. Auch die stellvertretende Vorsitzende des Frankfurter Anwaltsvereins, Waltraud Verleih, beschreibt die Situation wie folgt: “Wie immer, wenn die Politik die Proteste nicht in den Griff bekommen, wird mit Mitteln der Repression reagiert.”
Viele Klimagerechtigkeitsinitiativen solidarisierten sich bereits wenige Tage nach der Verhaftung mit den in Untersuchungshaft Sitzenden. Gefordert wird die sofortige Freilassung und Entschädigung der Leidtragenden, sowie eine Rückkehr zu sachlicher Rechtsprechung fern von Wirtschaftsinteressen und subjektivem Kräftemessen. Als Zeichen der Solidarität wird zu einem dezentralen Aktionstag am Freitag, den 06.11. aufgerufen.

Für Interviews und Nachfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung:
freethemall@riseup.net || 0177-2655913

Bilder:
Aktionsbild1

English version:

Free the Eleven!
Opponents of the construction of the A49 demand immediate liberation of the activists who got arrested unrightfully after protesting on highwaybridges of the A3, A5 and A661.
On Monday the 26th of October eleven activists were arrested after attaching banners to three highwaybridges in the area of Frankfurt. They were consequently put into investigative custody at the JVA Frankfurt the next day, which was reasoned with the specious accusation of coercion. This disproportionate punishment was justified with the allegation, that with their actions the accused intended to provoke highwayblockages by the police. Currently, seven of the eleven are still imprisoned and facing an estimated penalty of two to three months of wrongful deprivation of liberty. The four released activists have to undergo an assortment of absolutely disproportionate conditions, making living a normal life difficult. A legal accusation of the same kind got denied by the public prosecution of Gießen in the beginning of October
after a similar action of climate activists on a highwaybridge of the
A5. Due to this lack of legal basis the imprisonment of the eleven
activists is a scandal of political jurisdiction. “This kind of judicial
reaction is pure harrassment, the judgement serves solely as an example of state‘s power and as a deterrent to future actions“, declares a statement of an involved activist. The severity of punishment is obviously not based on objective assessment, but only on the economic damage caused by slow traffic in the affected area. Even the vice-chairman of the association of attorneys of Frankfurt, Waltraud Verleih, critizised the ongoing procedure. “It is always the same: Once politics can not get a grip on rampant protests, they react with means of repression.“
Many organizations concerned with climate justice already declared their solidarity with the captives only a few days after their arrestment. The following demands are posed: Immediate liberation and reparation of those in custody and a sudden return to objective jurisdiction, which is independent of economic interests and unprofessional contests of wills. In solidarity with the captives there will be a decentralized day of action on the 6th of November.

We are happy to answer your questions or interview requests:
freethemall@riseup.net || 0177-2655913

Pictures:
Aktionsbild1

Was ist daran, an der Nötigung?

Was ist daran an den Vorwürfen?
Die Antwort ist einfach: Nichts.
Das gilt sowieso für den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung. In vielen Medien und Pressestatements war trotzdem davon zu lesen. Selbst einige A49-Gegner*innen hatten sich bei vorhergehenden Aktionen davon distanziert. Doch Staatsanwaltschaft und Gericht in Frankfurt, wo die Haftbefehle zusammengezimmert wurden, erhoben diesen Vorwurf gar nicht. Er war also frei erfunden – zwecks Propaganda oder aus emotionaler Überforderung. Damit ist nebenbei auch geklärt, dass die ständige Formulierung in Medien und Äußerungen von Politiker*innen, die Aktivistis hätten den Stau (und dann eventuell Unfälle) verursacht, immer eine Lüge war. Nein: Mit der Aktion an den Autobahnbrücken haben die beteiligten Personen nie in den Straßenraum eingewirkt.
Schon einige Tage vorher hatte die Staatsanwaltschaft Gießen nach der sehr ähnlichen Aktion am 6.10. in Reiskirchen (ebenfalls über der A5) diese Einschätzung gegenüber Medien kundgetan – aber ging noch einen Schritt weiter: Die Aktion stelle gar keine Straftat dar, gab die Anklagebehörde bekannt und nahm gar keine Ermittlungen auf.
Damit negierte die Staatsanwaltschaft Gießen auch den Tatbestand der Nötigung, der in Frankfurt bejaht und zur Grundlage der Inhaftierungen wurde. Was ist an diesem Vorwurf dran? Zusammengefasst: Auch nichts. Die Inhaftierung wegen Nötigung ist frei konstruiert und stellt deshalb selbst einen Straftatbestand dar, nämlich Rechtsbeugung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung. Aber der Reihe nach …
Der Haftbefehl für die gefangenen Aktivistis enthält den einleitenden Satz: „Gegen XXX wird die Untersuchungshaft angeordnet. Der/die Beschuldigte ist dringend verdächtig, am 26.10.2020 in XXX gemeinschaftlich handelnd Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt zu haben.“
Da hängen also Menschen an einer Brücke über einer Straße – ob Autobahn oder Dorfstraße, ist sowohl verkehrs- als auch versammlungsrechtlich egal. Zwischen ihnen sind Transparente gespannt. Schon auf den ersten Blick ergibt sich das typische Bild einer politischen Protestkundgebung. In Folge der Befestigung an einem Seil und der mehr oder weniger bequemen Sitzhaltung bewegen sich die Aktivistis kaum – höchstens ein kleines Baumeln im Wind oder bei Bewegungen, um das Transpi neu auszurichten. Von Gewalt keine Spur. Kein Mensch wird angegriffen, kein Mensch bedroht. Das fällt also weg. Bleibt die „Drohung mit empfindlichen Übel“. Die Menschen an den Kletterseilen sprechen mit keinen anderen Personen. Wie können sie drohen? Und das soll das empfindliche Übel sein? Haben sie zu der Polizei gerufen: „Wenn Ihr den Verkehr nicht stoppt, lassen wir uns fallen?“ Oder etwas Ähnliches? Fehlanzeige. Nichts dergleichen passiert und wird von Staatsanwaltschaft und Gericht auch nicht behauptet.
Trotzdem folgt im Text: „Wie von den Beschuldigten fest einkalkuliert und gewünscht musste die zeitnah alarmierter Polizei sodann zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leib und Leben sowohl der Teilnehmer des Straßenverkehrs als auch der Beschuldigten sowie der beteiligten Rettungskräfte die Fahrbahn vollständig sperren.“ (Fehler im Original) Wieder kommen Fragen auf: Wieso „musste“? Wer hat die Polizei auf welche Art gezwungen? Und welche „Gefahren für Leib und Leben“ sollen für die benannten Personengruppen durch ein Transparent und einige diese festhaltenden Personen weit oberhalb der Normhöhe einer Autobahn und noch weiter entfernt selbst vom höchsten LKW ausgegangen sein? Der Haftbefehl schweigt sich dazu aus, aus gutem Grund. Die Gefahren sind erfunden – vorgeschoben, um an Menschen, die für eine Verkehrswende kämpfen, ein Exempel statuieren zu können. Zur Abschreckung.
Die ganze Sache ist also völlig frei erfunden. Doch selbst wenn von den Menschen am Kletterseil eine direkte Wirkung ausgegangen wäre, zum Beispiel in dem sie tatsächlich bis in den formalen Straßenraum heruntergeklettert wären (was nicht der Fall) war – eine Straftat wäre es immer noch nicht. Denn:
• Das Ganze war eindeutig eine nach außen gerichtete Meinungskundgabe von mehr als einer Person – mehr Kriterien kennt das Versammlungsrecht nicht. Wo aber eine Versammlung ist, gilt die Straßenverkehrsordnung nicht, kann also auch nicht herangezogen werden. Die Regelung, dass Fußgänger*innen eine Autobahn nicht betreten dürfen, wäre also gar nicht anwendbar. Nur nochmal: Das spielt hier keine Rolle, weil niemensch die Autobahn betreten hat bei dieser Aktion. Die Autobahn endet formal in der Höhe von 4,70m. Alle Beteiligten blieben über dieser Höhe.
• Der Nötigungsparagraph sieht noch ein weiteres, interessantes Tatbestandsmerkmal vor. Schauen wir mal ins Gesetz, in den § 240 StGB. Da gibt es nämlich noch den Absatz 2, der im Haftbefehl schlicht verschwiegen wird: „Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.“ Die Aktivistis setzten sich, den Spruchbändern nach zu urteilen, für Klimaschutz, eine Verkehrswende und ein Ende von 1053 Verletzten und 9 Toten pro Tag im Straßenverkehr ein. Was daran ist verwerflich? Das Gericht lässt sich dazu nicht aus. Wahrscheinlich hatte es keine passende Antwort parat.
• Das Bundesverfassungsgericht hatte schon vor Jahrzehnten entschieden, dass Gewalt, wie der Begriff im Nötigungsparagraph gemeint sei, nicht sei, was „nicht auf dem Einsatz körperlicher Kraft, sondern auf geistig-seelischem Einfluss“ beruhe. Niemensch wirft den Aktivistis Gewalt vor. Folglich bleibt kein Raum für die Behauptung einer Nötigung.
Jeder einzelne der drei benannten Punkte würde reichen, die Nötigung zu verneinen – so wie es die Staatsanwaltschaft Gießen auch gemacht hatte nach der Aktion am 6.10. Doch die Frankfurter Justiz missachtete gleich alle drei Punkte. Dass das kein Zufall ist, sondern hier politische Justiz am Werke war, zeigt der abschließende Absatz im Haftbefehl. Denn die Untersuchungshaft basiert zwar auf dem rechtsbeugerisch konstruierten Nötigungsvorwurf, aber er wird mit behaupteter Fluchtgefahr gekoppelt, da die Nicht-Straftäter*innen ihre Namen nicht angaben. Des Haftbefehls vorletzter Satz enthält etliche Mutmaßungen, gespickt mit deutlicher ideologischer Ablehnung der vermuteten politischen Ziele der Aktivistis: „Im Falle einer Freilassung steht zu erwarten, dass die Beschuldigte entweder in der Anonymität eines illegalen Zeltlagers im Bereich des Dannenröder Forsts untertaucht oder sonst für das Strafverfahren mangels Identifizierung nicht zur Verfügung stehen wird.“
Mensch beachtet auch hier die Wortwahl: „Illegale Zeltlager“ – die vorhandenen Lager am Danni sind, nach zähem Kampf mit versammlungsfeindlichen Behörden, vollständig legal. Dafür war die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts nötig. Offenbar passt deren Wächterschaft über die Grundrechte der Frankfurter Justiz nicht in den Kram. Auch das „untertaucht“ deutet weniger eine juristische Betrachtung als politische Meinung an. Die überrascht nicht. Die Behörden, die viele Versammlungen verboten haben, gehören zur Landesregierung Hessen. Polizei und Justiz sind Teil derselben Landesregierung. Und wer baut die Autobahn A49? Die Landesregierung Hessen …
In Frankfurt auf dem Römer steht die Figur der Justitia mit Schwert, Waage, aber hier mal ohne Augenbinde. Wir wissen jetzt, warum. In Frankfurt wird nicht neutral entschieden. Hier wird politisch geurteilt – also ohne Augenbinde. Das Denkmal passt.

Drei Aktivistis der Aktionsgruppe vom 6.10.2020 haben in einem Video ihre Beweggründe, Vorgehensweise und die rechtlichen Hintergründe dargestellt. Ihr findet es unter https://youtu.be/7-vAZu1T2k4. Auch ein „Hirnstupser“ thematisiert das: https://youtu.be/dvRyQGBFBIM.

Haftbedingungen

English below*

7 der 11 Inhaftierten sind immer noch in U-Haft. Aber was heißt das konkret?

Wir haben uns mit Menschen unterhalten, die wieder entlassen wurden und mit Anwält*innen Inhaftierter. Die Bedingungen, unter denen die Menschen seit 9 Tagen eingesperrt sind, zeigen, wie unser Widerstand getroffen werden soll, indem Einzelne gefangen genommen und isoliert werden.

Alle Gefangenen des 26.10. befinden sich in Einzelzellen. Kontakt haben die Eingesperrten nur zu ihren Anwält*innen und eine Stunde am Tag mit anderen Inhaftierten bei Freigang. Diese wird wegen der Überlastung des Personals oft gekürzt.

Ein Mensch konnte, trotz Angabe der Personalien und mehrfachem Nachfragen 2 1/2 Tage nicht mit der*dem Anwält*in telefonieren.

Normalerweise üblicher Kontakt zu anderen Inaftierten des selben Trakts findet nicht statt. Begründet wird dies mit der aktuellen Zahl steigender Infektionen. Tests, die Gewissheit bringen würden, ob eine solche “Quarantäne” notwenig ist, werden keine gemacht und so entspricht die Untersuchungs- hier einer Isolationshaft.

Das bedeutet: bis zu 23 Stunden am Tag allein in einer Zelle. Die Personen in der JVA3 hatten von Anfang an einen Fernseher, ein Mensch in der JVA1 hatte erst am Wochenende Zugang zu TV.

Uns wurde berichtet, dass Zugang zu Telefonen nur in Begleitung von Sozialarbeiter*innen möglich ist, die die Menschen in einen anderen Trakt begleiten. Das Personal der JVAs scheint jedoch so überlastet zu sein, dass das nur selten oder teilweise gar nicht möglich ist.

Ablenkung durch Lesen ist ebenfalls erschwert: Die Bibliothek ist wegen der Covid-19-Situation geschlossen. Bücher müssen über das Personal angefragt werden, das wiederum überlastet ist, kaum Zeit hat und Buchwünsche teilweise wieder vergisst. Materialien wie Stifte oder Papier wurden teils tagelang nicht gebracht.

Dem Wunsch nach veganem Essen wurde in beiden JVAs nicht nachgegangen, mit der Begründung es sei ungesund – während Frühstück und Abendrot aus Weißbrot mit Marmelade bestehen.

Es wurde gedroht, persönliche Gegenstände nicht wieder zurück zu bekommen oder behauptet, dass Briefe wegen Nicht-Angabe der Personalien nicht zugestellt werden. Während der ED-Behandlung wurde fälschlich behauptet, dass andere Menschen im Zusammenhang der Aktion gestorben seien, um psychischen Druck auf die Gefangenen aufzubauen.

Nachts fanden (finden?) bei einigen Menschen stündlich bis anderthab-stündliche Kontrollen statt. Das bedeutet nie mehr als anderthalb Stunden durchgängig Schlaf pro Nacht. Die Personen werden so lange angeleuchtet, bis sie sich bewegen. Teilweise konnte das Personal die Schlafstelle der Inhaftierten gar nicht einsehen, sodass diese sich erst aktv in das Blickfeld der Wächter*innen beweegen mussten. Begründet wird dies mit einer erhöhten Suizidgefahr der Inhaftierten, die sich weigerten mit psychologischem Fachpersonal zu sprechen. Allerdings wurden auch Menschen diesen Kontrollen unterzogen, die mit Psycholog*innen und ohne, dass erhöhte Gefahr einer Selbstverletzung festgestellt wurde.

Unnecessary prison conditions

7 of the 11 detainees are still in custody. But what does that actually mean?

We talked to people who have been released and with lawyers of detainees. The conditions under which people have been imprisoned for 9 days show how our resistance is to be met by imprisoning and isolating individuals.

All prisoners of 26.10. are in single cells. The prisoners have contact only with their lawyers and one hour a day with other prisoners on release.

One person was not able to telephone the lawyer for 2 1/2 days despite giving his personal details and asking several times.

Usual contact with other detainees in the same tract does not take place. The reason given for this is the current number of increasing infections. No tests are carried out to ascertain whether such a “quarantine” is necessary, and so the examination is equivalent to solitary confinement.

This means: up to 23 hours a day alone in a cell. The people in Prison (JVA) 3 had a television from the beginning, one person in Prison (JVA) 1 only had access to TV at the weekend.

We were told that access to telephones is only possible when accompanied by social workers* who accompany the people to another tract. However, the staff in the prisons seems to be so overworked that this is rarely or not at all possible.

Distraction through reading is also difficult: the library is closed due to the Covid-19 situation. Books have to be requested via the staff, who in turn are overworked, have hardly any time and sometimes forget to request books. Materials like pens or paper were sometimes not brought for days.

The desire for vegan food was not followed up in both prisons on the grounds that it was unhealthy – while breakfast consists of white bread with jam.

Threats were made that personal belongings would not be returned, or that letters would not be delivered because of failure to provide personal details. During the ED treatment it was falsely claimed that other people died in connection with the action in order to put psychological pressure on the prisoners.

At night, some people were (are?) checked hourly to the next hour. This means never more than one and a half hours of continuous sleep per night. The people are lit up until they move. In some cases the staff could not even see where the prisoners were sleeping, so that they had to move into the guard’s field of vision. The reason given for this is the increased risk of suicide of the detainees who refused to talk to psychological specialists. However, people were also subjected to these checks, which were carried out with psychologists and without any increased risk of self-harm.

Soli-Aktionstag am 06.11.20 für Aktivistis in U-Haft

Am 26.10.2020 wurden 11 Menschen in die JVA Preungesheim bei Frankfurt am Main verschleppt. Den Aktivist*innen wurde im Rahmen einer Protestaktion an Autobahnbrücken, schwerer Eingriff in den Straßenverkehr sowie Nötigung vorgeworfen. Bereits nach kurzer Zeit musste die Staatsanwaltschaft Frankfurt den Vorwurf des schweren Eingriffs in den Straßenverkehr fallen lassen. Es verbleibt der völlig konstruierte Vorwurf der Nötigung und die Aussicht auf 2 bis 3 Monate U-Haft. Aktuell sitzen noch Acht Menschen. Drei wurden gegen unverhältnismäßige Auflagen und Personalien zunächst entlassen. Auch die stellvertretende Vorsitzende des Frankfurter Anwaltvereins, Waltraut Verleih, kommentiert hierzu: “Wie immer, wenn die Politik die Proteste nicht in den Griff bekommt, wird mit Mitteln der Repression reagiert.”

Wir fordern die sofortige Freilassung der politischen Gefangenen sowie die Einstellung sämtlicher Tatvorwürfe und Repressionen!

Durch Wegsperren der Gefangenen wird versucht, ihren Protest zu unterdrücken. Das lassen wir so nicht stehen! Darum lasst uns gemeinsam und solidarisch für sie den Protest nach außen tragen! Beteiligt euch am kommenden Freitag, den 06.11.2020, am dezentralen Aktionstag für die Freiheit der Gefangenen und den Erhalt des Dannenröder Forstes. Zusammen können wir kreativ, widerständig und entschlossen unserem bunten Protest Ausdruck verleihen. Dies können wir z.B. in Form von Bannerdrops, Solifotos, Demos, Petitionen, Kreideaktionen, Shit-Lovestorms, Blockaden und all den anderen Ideen von euch zeigen!

Jetzt erst recht! Bildet Banden und kommmt alle in den Danni und auf die Straßen!

Hier kommt ihr zum eingesprochenen Aktions-Aufruf: https://soundcloud.com/user-634739516/soli-aktionstag-am-06-11-20

Hier könnt ihr euch unser Mobi-Material runterladen: https://www.flickr.com/photos/190865121@N07/albums/72157716704777158

Menschen von Autobahnblockade in U-Haft

Seit Dienstag Abend ist es offiziell: Gegen 11 Aktivistis, die am Montag an Aktionen über Autobahnen beteiligt waren, sind Haftbefehle erlassen worden. Zwei wurden gegen unzumutbare Auflagen außer Vollzug gesetzt. Was aber auch von der Justiz klargestellt wurde: Den Inhaftierten wird kein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen. Dennoch hetzen Politiker*innen und auch etliche Medien weiterhin mit genau dieser Behauptung.

Näheres dazu sowie Kontaktdaten für Briefe – sofern das von den Gefangenen gewünscht ist – werden bald auf diesem Blog veröffentlicht